In meinen vielen Jahren im Management und in der IT-Branche musste ich eine wichtige Lektion lernen, die meine Sicht auf Gleichberechtigung und Führung stark verändert hat.

Als Mitbegründer der queo GmbH ist mir die Gleichstellung aller Mitarbeitenden schon immer wichtig, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion oder anderen Merkmalen. Trotzdem musste ich feststellen, dass auch bei queo viele Männer Führungspositionen besetzen, und auch der Anteil an Frauen in den IT-Bereichen, bei queo valueTec stets stark unter dem der Männer liegt, obwohl wir insgesamt ungefähr 40 % Frauen beschäftigen und es keine Gender-Pay-Gap gibt.

Was können wir also noch besser machen?

Zahlreiche kleine Beobachtungen, wenn es um Frauen und Führungspositionen geht, haben mir über die Jahre zu denken gegeben. Hier nur einige Beispiele:

Eine Kollegin war gerade in Elternzeit, als eine Führungsposition besetzt werden musste und ging automatisch davon aus, nicht für die Position berücksichtigt werden zu können. Eine andere wollte ihre Arbeitszeit reduzieren, um sich stärker familiären Themen zu widmen, was ihr unvereinbar mit einer leitenden Stelle erschien. Eine Mitarbeiterin war sich nicht sicher, ob sie denn später, wenn sie eines Tages in die Familienplanung starten würde, den Job überhaupt noch gut ausfüllen könnte.

Zudem planen die Frauen in der Regel sorgfältiger und bewerten Risiken anders als Männer. Mir wurde zurückgemeldet, dass für ein positives Selbstwertgefühl Karriere oder ein bestimmter beruflicher Status oft weniger wichtig sind. In vielen Personalgesprächen stellte ich außerdem fest, dass die Frauen oft selbstkritischer mit ihrer Arbeit und ihren Leistungen umgehen. Dies ist eine Fähigkeit, die ich sehr schätze, da sie dazu beiträgt, eine hohe Qualität in der Arbeit zu wahren. Allerdings kann diese Selbstkritik offensichtlich dazu führen, dass sie sich häufiger von Führungspositionen oder gar von ganzen Berufsfeldern fernhalten. Das alles sind Aspekte, die ich als Mann erst lernen musste zu verstehen, um sie in die Fragestellung einzuordnen – und um Antworten zu finden.

Wenn wir mehr Frauen in Führungspositionen sehen wollen, müssen wir ihnen ein Sicherheitsnetz bieten, um Risiken, die sie selbst möglicherweise sehen, abzufedern. Das ist keine Schwäche, sondern eine Nebenbedingung für Verlässlichkeit. Konkrete Maßnahmen dafür wären Doppelspitzen in Führungspositionen, Klarheit für Vertretungen bei längeren Abwesenheiten wie bspw. Elternzeiten. Auch ausgiebige Testzeiten, bevor die Mitarbeiterin die Entscheidung für den Positionswechsel final treffen muss, einfach ausreichend Zeit, um herauszufinden, ob die Position tatsächlich passt und mit den individuellen Vorstellungen vereinbar ist. Als wichtig empfinde ich auch die Option, für einen gewissen Zeitraum weniger Verantwortung zu tragen und sich dann eben erst nach einer intensiven privaten Phase wieder mehr dem Job zu widmen. Auch musste ich erst verstehen, dass Bewerbungsverfahren so gestaltet sein müssen, dass Frauen nicht gegen andere Mitarbeitende antreten müssen oder gezwungen sind zu überzeugen, dass sie die bessere Wahl sind. Hier liegen aus meiner Sicht viele Potenziale, durch anderes Handeln die besten Führungskräfte zu gewinnen. Eine Managerin hat mir im Rahmen eines Führungskräftetreffens auf meine Frage, warum es ihr gelingt mehr Frauen als Männer in ihren Teams zu haben, gesagt, dass Frauen oft lieber für Frauen arbeiten und sich eher bei Frauen bewerben würden, wenn sie die Auswahl hätten. Um Frauen für IT-Berufe zu begeistern, benötigen wir also Frauen als Vorbilder.

Als Lohn für diese ganze Veränderung in unserem Verhalten bekommen wir einen besseren Ausgleich in den Führungsteams, bessere Strategien in der Entscheidungsfindung, eine erhöhte Attraktivität als Arbeitgeber für junge Frauen und Familienmenschen und nicht zuletzt eine höhere Qualität, allein schon, weil die Sichten auf die Themen vielfältiger sind und nicht gleichdenkende und sozialisierte Männer miteinander Themen auskämpfen.

Bei Diskussionen über Frauenquoten habe ich mich früher oft unwohl gefühlt. Ich dachte lange, wenn Frauen die Jobs wollen, werden sie diese auch bekommen, und dass sich Frauen durchsetzen werden, weil sie häufig einen besseren Job machen. Aber ich musste lernen, dass es oft nicht so einfach ist.

Inzwischen habe ich erkannt, dass wir als Männer aktiv eine Rolle beim Abbau von Hürden für Frauen spielen müssen. Und auch, dass wir von einer gleichberechtigten Arbeitswelt nur profitieren können.

Nicht nur im beruflichen Kontext, sondern im privaten, als Vater von drei Töchtern, ist es mir ein persönliches Anliegen, dass „meine Mädels“ alle Möglichkeiten haben, auf eigenen Beinen stehen und unabhängig sind.

Also liebe Frauen da draußen, kommt zu queo, seid die Vorbilder, die ihr euch selbst wünscht und stärkt unser Frauenteam! Wir haben bereits zahlreiche wunderbare Frauen bei uns, die queo gestalten und diesen Weg wollen wir gemeinsam weitergehen.